Leinen los!

Veröffentlicht am 28. Februar 2025 um 17:15

Carneval in Martinique, die letzten grösseren Arbeiten an Ti Moun und dann ist es endlich so weit - wir setzen Segel und brechen in Richtung Norden auf!

Der Autopilot funktioniert endlich!

Nach mehr als 3 Wochen und diversen Leuten, die verschiedenste Tests durchgeführt haben, geben wir beinahe auf.
Unser alter Autopilot ist wohl doch nicht mehr zu retten. Wir überlegen 3'000 Euro in die Hand zu nehmen und einen ganz neuen Autopiloten + Kompass einzubauen.

Doch dann treffen wir Jean-Philippe. Er kommt an Bord und plötzlich ist es glasklar, dass der Rudersensor fehlerhafte Daten liefert und der Autopilot darum nicht funktioniert. Luca und ich kriechen durchs Boot und tauschen Kabel + Rudersensor aus und es klappt!!

Wir können es kaum glauben. Wie konnte es plötzlich so einfach sein? Wir atmen auf. Ein Problem weniger!

Carneval in le Marin

Heimweh kriegen wir selten, jedoch gibt es einige Anlässe, die uns wehmütig machen.
Für Luca ist es der Schnee und die Pisten, die ihn nach Hause locken, bei mir ist es die bevorstehende Fasnacht. Beim Schnee-Vermissen können wir nicht so viel dagegen tun, beim Carneval hingegen schon!

Als wir hören, dass ein grosser Umzug in 'Le Marin' stattfinden wird, bei welchem sogar extra Gruppen aus Guadeloupe anreisen, gibt es kein Halten mehr! Wir stehen am Abend mit hunderten anderen Schaulustigen bereit. Die Trommeln vibrieren in den Knochen, die Rhythmen sind heiss und die Tänzer*innen geben alles!
Die Energie ist unglaublich, die Füsse stampfen von selbst im Takt mit und das eine oder andere Füdli wird auch geschwungen.

Wir gehen von Gasse zu Gasse und ab Höhe Dorfplatz laufen wir sogar mitten im Umzug mit. Nach der hintersten Gruppe darf sich jeder einreihen, egal ob Kind, Creole, Tourist oder Franzose - es wird miteinander gelacht und getanzt, es ist schlichtweg grossartig!

Lorenzo, unser Freund vom Trimaran, hat seine Spiegelreflexkamera dabei. Die beiden tollen Querformatfotos sind von ihm. 

Wir wollten doch 'nur' ein Kabel durch den Mast ziehen

Schon im letzten Beitrag wollten wir das Anemometer (den Windmesser) im Mast oben zum Laufen bringen. Nachdem alles Schmieren damals nichts genützt hatte, bringen wir es nun zur Überprüfung in ein Fachgeschäft. Die aktuelle Theorie: Die Platine ist kaputt und muss wohl ersetzt werden. 

Im Laden meinen sie, wir können morgen oder spätestens übermorgen mit dem Anruf rechnen. Auch nach drei Tagen hören wir nichts.
Wir gehen nochmals vorbei, aber ausser ein "not done yet" kriegen wir nichts. Fünf Tage später auch nicht. Nach dem Wochenende auch nicht. 
Am Dienstag kriegen wir es zurück - es sei nichts daran kaputt. Dafür bezahlen wir 42 Euro.

Nun wissen wir so wenig wie zuvor, warum der Wind auf dem Bildschirm nicht angezeigt wird. Doch wenn sich ja jetzt das Windrad dreht, die Platine die Daten sauber weiterleitet, dann kann es eigentlich nur noch am Kabel liegen.

Wer schon einmal ein neues Kabel in einen alten Kabelschacht einziehen musste, der weiss, wie mühselig das sein kann. Meist kriegt man das alte Kabel kaum raus, geschweige denn die Einzugshilfe und das neue Kabel sauber rein. Und nun muss das Ganze noch durch einen 14m hohen Mast! Let the struggle begin!

Viele Masten haben unten am Sockel ein praktisches 'Eingriffsloch', um zu den Kabel und Leinen im Mastinneren zu gelangen. Unser Mast hat das natürlich nicht. Das Anemometerkabel kommt aus einem 10mm grossen Loch. Wir verzweifeln fast daran, an das alte Kabel zu kommen und es da rauszuziehen. Und dann passiert der Supergau - wir verlieren das Kabel ins Mastinnere!! Nun können wir nicht mehr von unten ziehen.

Heisst also, wir müssen das Kabel von oben rausziehen und das neue Kabel ohne 'mouseline' (Einzugsleine, die ans alte Kabel geklebt worden wäre) reinkriegen. Long story short - wir kriegen das alte Kabel auch oben nicht raus, also schneiden wir es ab. Ohjee!

Wir brauchen Hilfe - Lorenzo kommt vorbei und bringt ein Endoskop und eine Kabeleinzugshilfe (langer, dünner, biegbarer Stab) mit.
Um das neue Kabel einziehen zu können, wollen wir zuerst mit der Kabeleinzugshilfe durch den Mast stochern und diese unten rausziehen. Dann können wir das Kabel daran ankleben und ebenfalls durchziehen. So der Plan.

In der Realität bleibt die Kabeleinzugshilfe leider irgendwo in der Mitte des Masts stecken. Wir kriegen sie weder ganz runter, noch wieder raus. Nun stecken schon zwei Sachen im Mast fest. 

Wir geben nicht auf. Luca hängt sich eine Stunde oben an den Mast und zieht und stochert. Ich mache am nächsten Tag dasselbe. Wir lassen uns verregnen, scheuern uns die Oberschenkel wund, prellen uns den Zeh und werden jedes Mal etwas wütender und frustrierter!

An Tag drei schafft es Luca plötzlich, die Einzugshilfe etwa einen Meter hochzuziehen. Nun sehen wir, wo sie sich verheddert hat. Mit nochmals etwas mehr Kraft und einem grossen Ruck, kommt plötzlich das alte Kabel aus dem Mast gerutscht. Hö? Daran haben wir ja gar nicht gezogen?!

Naja, ein Problem weniger im Mast ist schonmal sehr gut. Nach einem weiteren Nachmittag schaffen wir es dann. Das neue Kabel ist im Mast, die Enden werden mit Kabelklemmen verbunden und - die Windanzeige läuft!!
Wir strecken unsere müden Glieder im Cockpit aus und geniessen einen wunderschönen Sonnenuntergang, der ist wahrlich verdient!

Die Jungfernfahrt & das Ankerrätsel wird gelöst

Nun hält uns nichts mehr an der Boje. Wir fahren los und schmeissen den Anker vor St. Anne, einer sandigen, relativ einfach zu ankernden Bucht. 
Doch unser Anker hält nicht! Wir brauchen 6 Anläufe, bis er nicht mehr über den Boden schleift. Warum denn das, was ist jetzt wieder kaputt?!
Zu müde um etwas zu ergründen, legen wir uns hin, denn am nächsten Tag geht es früh los. Wir wollen das erste Mal mit Ti Moun segeln gehen. Lorenzo unterstützt uns dabei.

Am Morgen wehen schon saftige 18 Knoten Wind in der Bucht. Das heisst, draussen sind es noch mehr. Uns wird etwas mulmig zumute, denn 22kn bedeutet laut Beaufortskala schon 'starker Wind'. 

Wir legen ab und setzen die Segel im 2. Reff (verkleinert). Ti Moun flitzt über die Wellen, es macht enorm Spass! Wir üben verschiedene Manöver, der Wind frischt teilweise bis zu 27kn auf, doch wir fassen absolutes Vertrauen in unser Boot. Es segelt sich herrlich!

Zurück am Ankerplatz wollen wir den Anker setzen. Wir machen alles genau nach Lorenzos Tipps, doch trotzdem hält der Anker beim 1. Versuch nicht. Als wir ihn wieder raufholen, sehe ich plötzlich, dass er zusammengeklappt ist. Sprich, die Schaufel 'klebt' am Schaft fest. Wie kann das sein?

Ich gebe Lorenzo Bescheid und er sieht sofort, dass da ein Bolzen fehlt! Luca und er basteln aus einem Schäkel (u-förmige Bügelverbindung) einen behelfsmässigen Bolzen. Sofort hält der Anker ohne Probleme!

Am nächsten Tag holen wir im Bootsladen den richtigen Bolzen und ab jetzt hält uns beim Ankern nichts mehr auf.

Wir brechen in Richtung Norden auf!

Endlich kommen wir von 'le Marin' los.
Zwei laaaange Monate haben wir hier verbracht! Die Angestellten in den Segelzubehörläden kennen uns unterdessen und scherzen, ob wir überhaupt jemals losfahren werden.

Wir können es kaum erwarten, neue Buchten kennenzulernen und planen den ersten Schlag (Strecke, auf Seemännisch!) nach Anse d'Arlet.

Am Morgen früh geht es los, der Wind kommt gemütlich von achtern (hinten). Wir essen Sushi, lassen den Autopiloten ab und zu steuern und geniessen unseren ersten Schlag nur zu zweit. Alles läuft bestens und auch das Ankermanöver klappt hervorragend. Bis wir plötzlich ein komisches Geräusch hören, aber davon im nächsten Artikel mehr... ;-)

 

Endlich geht unsere Reise los!


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Kommentare

marion schulze
Vor 14 Tage

Ihr seid super!

Dani+Doris
Vor 14 Tage

Gueti Fahrt ond emmer gnueg Wind. Mer wönsche öich Glück ond onvergässlechi Erläbnis. Grüess us Rothrist